Zwischen Kompetenz und Herkunft - zwischen Gleichheit und Selektion
Paradoxe Anforderungen an Familienunternehmen und ihre Unternehmensfamilien
Autor: Studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Witten Herdecke, ist Berater sowie Gesellschafter der Klett Familien-KG.
Verlag: Carl Auer, 2005, 1. Auflage
Im Zuge der Erforschung von Familienunternehmen und deren Funktionalität kommt hier ein weiteres Werk. Aber Vorsicht: Fast nur für "Systemfreaks" genießbar! Diese jedoch werden ihren Geist wieder einmal wunderbar in Bewegung gebracht haben und viele Anregungen für weit mehr als nur bezüglich des Themas "Familienunternehmen" erhalten.
"Wie sind die Systeme strukturell gekoppelt? Welche Rolle spielt das Kapital bei der gegenseitigen Beeinflussung? Bilden die Eigner ein drittes System? Welche Aussicht hat die Familie, das Unternehmen zu steuern? Zu welchen widersprüchlichen Anforderungen und Paradoxien kommt es, wenn Familie und Unternehmen aneinander geraten? Und wie entfalten sich diese? In dieser Arbeit wurde versucht, auf letztere einige Antworten zu finden. Wobei damit das Thema der Paradoxien in Unternehmen und Familien bei weitem noch nicht erschöpft ist. (S. 138).
Mit diesen Sätzen endet das vorliegende Buch. Dass der Autor seinem Versprechen nahe gekommen ist, bleibt unbestritten. Wem es gelingt, sich durch die dichten, teilweise sehr akademisch-wissenschaftlichen Formulierungen hindurch zu beißen, wird der Rezensentin zustimmen. Doch aus genau diesem Grund (eben dem der schweren Lesbarkeit aufgrund komplexer und systemtheoretisch anspruchsvoller Entfaltung des Themas) kann eine Rezension dem Buch kaum gerecht werden. Daher wird diese zum Leidwesen mancher Leserinnen und Leser, etwas kürzer als gewünscht ausfüllen. Jedoch kann sie vielleicht soviel Interesse wecken, dass eben doch mancher das Buch zur Hand nimmt und erst nach dem "Durchackern" wieder ins Regal stellt.
In Erweiterung zu dem kürzlich an gleicher Stelle rezensierten Buch von Simon / Wimmer / Groth: "Mehr-Generationen-Familienunternehmen" wagt der Autor kritischere Töne in Bezug auf die goldenen Regeln dieser Unternehmen. Ihn interessieren auch die nicht gelösten Schwierigkeiten, die möglicherweise hinter den verschlossenen Türen der Familien für Konfliktstoff sorgen und auf der anderen Seite im Unternehmen zu Konkurrenzkämpfen, Machtgehabe und vielleicht auch eher negativen irrationalen Reaktionen führen.
Seine enge Zusammenarbeit mit Dirk Baecker führen zu einigen Zitaten desselben, die dem Leser einige Nüsse zu knacken geben, jedoch über das Thema des Buches hinausverweisen, auf allgemein relevante Themen. Hier eine Kostprobe zum Thema "Hierarchie", das im Kapitel über "Gesellschafter" auftaucht: "Die geringste Suggestion einer Differenz von Oben und Unten genügt, um die Überwachung eines insgesamt unsicheren Ablaufs der Entscheidungen oben zu unterstellen und unten ohne diese Überwachung auskommen zu können. Man entscheidet, wie man es gesagt bekommen hat, und sorgt dafür, dass eventuelle unangenehme Konsequenzen den Vorgesetzten zugerechnet werden." (S. 86).
Genau diese Zitate, ebenso wie die teilweise sehr weitschweifenden theoretischen Auslassungen des Autors machen dieses Buch interessant und zu einer außerordentlich gehaltvollen Lektüre. Manchmal gelang es der Rezensentin, gerade zwei Seiten zu lesen um dann in eigene Überlegungen abzuschweifen.
Das Buch gliedert sich in folgende Themenkomplexe:
- Einleitung mit ausführlicher Problemstellung und Zielaussage
- Forschungsgegenstand Familienunternehmen mit Definitionen, Performance, Familientypen und Nachfolgefragen, ebenso wie der Auseinandersetzung mit dem sogenannten "Kreismodell"
- Unternehmen und Familie als Sozialsysteme mit einem interessanten historischen Rückblick, einem Blick in die Unternehmen selbst ebenso wie in Kommunikationsregeln von Familien. Ihre Gegenüberstellung eröffnet die Hinführung zum folgenden Kapitel:
- Paradoxien des Familienunternehmens und der Unternehmerfamilie. Hier anhand der Begriffe "Kompetenz "Herkunft" und "Gleichheit " Selektion".
- Zusammenfassung und Ausblick vollenden das 157 starke Büchlein.
Der Carl-Auer Verlag veröffentlicht mit dieser Reihe Forschungsarbeiten. Damit bietet er seinem Leserpublikum anspruchvolle Kost dar, die nicht für jedermann geeignet ist. Manchmal wünschte sich die Rezensentin, dass etwas mehr die Leserin im Auge behalten wird und etwas weniger die wissenschaftliche Exaktheit der Formulierung. Hier wird vielleicht die Gratwanderung dieser Reihe deutlich und deren möglicherweise nicht ganz aufzulösende Ambivalenz. Zielgruppe kann daher fast nur die Berufsgruppe der Wissenschaftler, Berater und Systemiker sein. Diese werden dort jedoch einigen Stoff zum Weiterdenken erhalten.