Umgang mit komplexen Situationen

Perspektivenerweiterung durch Organisationsaufstellungen. Eine empirische Studie 

Autorin: Katharina Lehmann, Beraterin im Bereich Organisations- und Teamentwicklung, sie ist Dr. Phil. und stellt mit diesem Buch ihre Dissertation vor.
Verlag: Carl Auer, 1. Auflage, 2006

 
Dass Organisationsaufstellungen mehr sind als Hokuspokus, dringt allmählich in den Kreisen von Beratern und systemisch interessierten Managern durch. Welche wissenschaftlich fundierten Wirkungen sie entfaltet, soll mit diesem Buch etwas mehrbeleuchtet werden.

Mit dieser Dissertation wird ein weiterer Schritt in Richtung Pragmatik, in dem Umgang mit Organisationsaufstellungen gemacht.
Zum Einstieg gibt es auf ca. 70 (von insgesamt 200 Seiten plus ausführlicher Anhänge) Seiten eine noch verständliche Einführung in systemisches Verstehen. Hier hebt sich die Autorin positiv von anderen Beiträgen ab, in denen teilweise nur noch fachlich versierte Leser den Ausführungen folgen können.

Ein geschichtlicher Abriss der Systemtheorie, wird gefolgt von der Darstellung des sozialen Konstruktionismus und radikalen Konstruktivismus. Die hier untersuchte Aufstellungsmethode wird klar von der umstrittenen Aufstellungsarbeit nach Hellinger abgegrenzt. Frau Lehmann bezieht sich in 1. Linie auf die Methode nach v. Kibed und Sparrer.

Im zweiten Hauptteil folgen Ausführungen zum methodischen Vorgehen. Über 50 Aufstellungen mit unterschiedlichen Personengruppen dienten als Vorlage für die Untersuchung.

Folgende Grundannahmen und Regeln die bei der Durchführung und Nachbereitung einer Organisationsaufstellung Orientierung geben können, sind: Gleichwertigkeit der Zugehörigkeit im System, Zeitliche Reihenfolge bzgl. des Organisationseintritts, höherer Einsatz und besonderes Engagement und dessen Würdigung, Leistungs- und Fähigkeitsvorrang eines Mitarbeiters im Vergleich zu anderen. Diese gedanklichen Anhaltspunkte können als „Schablone“ auf eine Aufstellung gelegt werden und mögliche negative Beziehungsgeflechte daraufhin untersucht und entdeckt werden.

Folgende Forschungsfragen wurden an unterschiedliche Aufstellungen gestellt, untersucht und im letzten Teil des Buches beantwortet:

1. Implizites Systemwissen: Inwieweit stimmen die durch die Aufstellung  explizierte Gesamtkonstellation, und die einzelnen RepräsentInnen mit der subjektiv erlebten Realität der Personen überein, welche eine Aufstellung machen?

2. Subjektiv wahrgenommene Verbesserung: Tragen  Organisationsaufstellungen in der Praxis zu einer subjektiv wahrgenommenen Verbesserung einer komplexen Fragestellung bei?

3. Systemische Sichtweisen: Spiegelt sich der subjektiv wahrgenommene  Nutzen wider, welche sich systemischen Sichtweisen zuordnen lassen?

4. Sichtbarmachen impliziter Regeln: Spielen die Grundannahmen (s. o.) im Sinne impliziter Regeln und Dynamiken, bei der Nutzbarmachung und Entwicklung einer Lösung eine zentrale Rolle?

Wie nun genau eine Organisationsaufstellung abläuft wird gut beschrieben. Die gründliche Auftragsklärung zu Beginn der eigentlichen Aufstellung, gilt als erfolgsrelevant. Jedoch endet leider die Beschreibung an dem Punkt, wo die RepräsentantInnen im Raum aufgestellt sind, stehen. Wie es zu einer „Lösungsaufstellung“ kommt, welche Fragen gestellt werden und welche Möglichkeiten es gibt eine Lösung zu fokussieren, bleibt für den Neuling unklar. (s. S. 97).

Nun folgen Themen die mehr der Dissertation geschuldet sind und deutlich machen, dass hier „geforscht“ und wissenschaftlich untersucht wurde. Für Praktiker eher uninteressant und anstrengend.

Auf den letzten offiziellen 20 Textseiten folgt eine gut lesbare und positiv bewertende Beantwortung der zuvor gestellten Fragen. Ehrlicherweise gibt jedoch die Autorin zu, dass nicht alle Fragen endgültig und umfassend beantwortet werden konnten, weitere Forschung hierfür nötig wäre.

Im Anhang gibt es neben den ausführlichen Fragebögen die von den an der Aufstellung Beteiligten beantwortet wurden, auch Tabellen und Kategorisierungen systemischer Richtungen.

Zielgruppe wird sich sicherlich in 1. Linie bei systemisch Beratenden finden und für wissenschaftlich offene Praktiker. Diesen wird es weitere Argumente für den Nutzen dieser nun nicht mehr ganz neuen, wohl aber noch umstrittenen Methode liefern.

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