Systemische Strategieentwicklung

Modelle und Instrumente für Berater und Entscheider

Autoren: R. Nagel, R. Wimmer

Verlag: Schäffer Pöschel, 5. Auflage 2009

Ein gelungenes Grundlagenbuch zum Verständnis systemischer Organisationsberatung. Gut lesbar vermittelt es den aktuellen „state of art“ systemischer Haltungen und Methoden.

Ist systemische Strategieentwicklung nun wieder einmal eine neue Methode, die auf der Welle der aktuellen Managementberatung weit vorne schwimmt? Die Autoren widerstehen dieser Versuchung erfolgreich.

Sie erläutern nüchtern und klar, was systemisches Verstehen heißt: Die Verknüpfung von bewährten Methoden wie Balanced Scorecard, EFQM, Konkurrenzanalyse, Stärken-Schwächenanalyse u.v.a. miteinander. Angereichert mit der Haltung, dass es keine eindeutig richtigen Antworten mehr gibt und es sich daher lohnt möglichst viele verschiedene Frage zu stellen und dementsprechend offen für unterschiedlichste Antworten zu werden. Das Systemische daran ist eben genau die Erkenntnis, dass die Dinge nicht mehr schlicht und logisch zu beantworten und durchzuführen sind. Sowohl Berater als auch Entscheider – die hier angesprochene Zielgruppe – werden durch einen organischen Prozessverlauf geführt, an dem kontinuierliche Feed Backschleifen, Haltestellen um zu überprüfen wo man steht, und die Entwicklung möglicher Zukünfte mittels Fragestellungen, strukturiert werden. Eben hier zeigt sich das „Systemische“. Endlich also ein Buch, in dem Respekt gegenüber Bewährtem gezollt wird und zugleich auf dieser Grundlage neue Schritte gewagt werden können.

Nun zum Inhalt:
•    Einleitung
•    Spielarten der Strategieentwicklung

(Interessante Überlegungen zu den bisherigen Entwicklungen der Beratung. Welches Verständnis von Organisationen hat die bisherige Theorieentwicklung bestimmt? Es werden die sog. intuitive, die expertenorientierte, die evolutionäre und die jetzt aktuelle systemische Strategieentwicklung in ihrem historischen Kontext erläutert.)
•    Der strategische Management-Prozess im Überblick
•    Die strategische Analyse

(Unterschiedliche Kriterien eine eigene Standortanalyse zu betreiben werden vorgestellt.  Wettbewerbslogik, Kundenfokussierung oder der Blick in die Zukunft können u.a. betrachtet und die eigene Situation diesbezüglich bewertet werden. Viele unterschiedliche Methoden werden jeweils kurz und pragmatisch erläutert.)
•    Die Zukunft erfinden
(Nun erfolgt logischerweise eine konkrete Ableitung aus dem bisher Erkannten. Welche Zukunft ist aufgrund der Analyse möglich und wünschenswert? Welche Entscheidungen müssen getroffen und praktisch eingeleitet werden?)
•    Der strategische Umbau
(Eine kluge Analyse unterschiedlicher Organisationsstrukturen mit all ihren Vor- und Nachteilen. Ob Projektorganisation oder Prozessorganisation: Wichtig ist genau zu prüfen welche Modelle am besten dem Unternehmenszweck dienen. Auch hier gibt es keine allgemeingültige Antworten sondern die Abwägung der unterschiedlichen Chancen für das eigene Vorhaben.)
•    Das strategische Steuern
(Controllingsysteme und Kennzahlen helfen die Vorhaben konkret zu fokussieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Auch hier werden bekannte Methoden verknüpft und unter systemischen Fragestellungen hin genutzt.)
•    Die Implementierung des strategischen Managementprozesses
(Hier folgen nun die inzwischen üblichen Hinweise zu den wichtigen Begleitprozessen auf allen Ebenen. Nicht allzu viel Neues. Es gehört halt dazu, dass die Schritte verknüpft, reflektiert und nachgesteuert werden müssen, damit alles schön ineinandergreift. Mit dem selbstentwickelten Modell des osb-Navigators und allseits beliebten Checklisten, endet das Buch.)

Wahrscheinlich werden viele Berater nur selten die Möglichkeit haben, solch einen sehr umfassenden und ganzheitlichen Prozess von beginn bis Ende zu begleiten. Doch finden sich viele Ideen und Vorschläge für einzelne Phasen, die praxisnah genutzt werden können.

Kritisch bleibt dies zu sagen:

•    Leider scheinen die Autoren von der Situation sehr großer Unternehmen auszugehen. Zumindest sind es die großen Namen, die als Beispiele dienen. Dieser Trend setzt sich in der Beratungsliteratur immer mehr durch. Möglicherweise dient dies jedoch mehr dem narzisstischen Bedürfnis der Akteure sich auf dieser „oberen Ebene“ ansiedeln zu wollen. Mittelständische und kleinere Unternehmen finden leider hier eher Anregungen für einzelne Schritte, da deren Dynamik sich sicherlich von den ganz „Großen“ unterscheidet.
•    Der „Mensch“ mit seiner Persönlichkeit, Fähigkeit und individuellen Eigenschaft wird nur im Kapitel der Umsetzung erwähnt. Strategie ist jedoch kein abstrakter Prozess sondern wird von Menschen, mit Menschen, für Menschen vollzogen. Interessant wäre sicherlich zu untersuchen, welche Persönlichkeiten, wie auf Unternehmen einwirken. Gerade im Mittelstand sind die Führungspersonen wesentlich beteiligt an Charakter und Kultur einer Firma. Besonders deutlich wird dies bei Familienunternehmen, die mit ihrer Nachfolge oft einen grundlegenden Umbruch bewirken.

Fazit:
Eine lesenswerte Grundsatzliteratur für alle die sich einen guten Überblick verschaffen wollen und zugleich Anregungen für ihren Alltag als Verantwortliche oder Berater suchen.

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