Psychische Belastung: Eine kleine Handlungsanleitung

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wie Ihnen aus der Presse (gerade wieder das Leitthema in der letzten "Personalwirtschaft") oder vielleicht auch aus eigener Anschauung zunehmend bewusst wird: Psychische Belastungen sind zu einer der ersten Gründe für Frühverrentung und erhöhten Krankenstand geworden. Doch es fehlt vielen Verantwortlichen ein erster Zugang zu diesem Thema.

Heute biete ich Ihnen erste Schritte an, wie Sie sich dem Thema oder auch entsprechenden Mitarbeitern nähern können, um handlungsfähig zu werden.

1. Allgemeine Tipps:

  • Grundsätzlich lohnt es sich, im Rahmen des allgemeinen Gesundheitsmanagements, Psychische Belastungen als eine natürliche Erscheinungsform von Stressverhalten in unserem Arbeitsleben zu sehen.
  • Warten Sie nicht auf den Ernstfall! Schaffen Sie leicht zugängliche Möglichkeiten in Form von Vorträgen, Verteilung von Materialien und Adressen (Krankenkassen haben inzwischen meist konkretes Material und Ansprechpartner in Ihrer Umgebung), um das Thema "gesprächsfähig" zu machen. Dadurch verliert es an der immer noch häufig zu findenden Tabuisierung.
  • Sprechen Sie mit Ihren Führungskräften und sensibilisieren Sie diese für das Thema. Häufig sind die direkten Vorgesetzten überfordert und stehen selbst unter Druck, mit Ihrem Team die Erwartungen des Unternehmens erfüllen zu wollen. Hier gilt es ihnen Rückhalt zu geben. Früher oder später werden die potenziell gefährdeten Mitarbeiter vielleicht sowieso ausfallen. Je länger dies verdrängt wird, umso schwerer ist es sie im Arbeitsprozess zu halten. 

2. Woran können Sie erkennen, dass ein Mitarbeiter sich in einer besonderen psychischen Belastungssituation befindet?

  • Wirkt ein Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum (ab ca. 4 Wochen) müde und erschöpft? Evtl. auch mental abwesend? Beginnt er/sie Fehler zu machen, die früher nie vorkamen? Kommt er/sie immer häufiger zu spät zur Arbeit? Manchmal fällt es bspw. den Betroffenen schwer, morgens pünktlich aus dem Bett zu kommen.
  • Verändert sich sein Äußeres? Wirkt er/sie zunehmend aufgeschwemmter und gibt es evtl. deutliche Gewichtszu- oder abnahmen? Dies kann bspw. mit der Einnahme von Psychopharmaka einhergehen. 
  • Verhält er/sie sich irgendwie anders? Nimmt er/sie evtl. nicht mehr gerne an gemeinsamen Aktivitäten teil? Nimmt er eine Randposition ein, obwohl er früher vielleicht sehr aufgeweckt und agil war? Bei psychischem Stress empfindet man häufig soziale Kontakte als zusätzliche Belastung und vermeidet diese subjektive Überforderungssituation.
  • Meldet er/sie sich regelmäßig für kurze Zeiträume krank, ohne dass klar ist welche Krankheit dahinter steckt? Dies kann damit zusammenhängen, dass die Person regelmäßige Auszeiten sucht um sich zurückzuziehen.
  • ......... 

3. Was können Sie tun?

  • Neben den unter 1. genannten grundlegenden Aktivitäten ist es wichtig, auch die arbeitsrechtliche Seite zu berücksichtigen. Psychische Störungen sind zunächst gleich zu behandeln wie jede Grippe. D.h. es gilt die ärztliche Schweigepflicht und Sie haben als Arbeitgeber weder das Recht noch die Aufgabe hier weiterführende Informationen zu verlangen.
  • Suchen Sie das 4-Augengespräch mit der Person und geben Sie dieser ein ehrliches Feed Back zu den gemachten Beobachtungen. Je konkreter und deutlicher Sie Veränderungen ansprechen, umso mehr nehmen Sie allen Beteiligten die diffuse Angst vor dem Thema.
  • Bieten Sie Unterstützung an. Dies kann ein Coaching sein, evtl. eine Auszeit oder auch die Überprüfung der konkreten Arbeitssituation um Entlastung zu schaffen.
  • Vereinbaren Sie einen neuen Termin (ca. nach 3 Monaten), in dem dann gemeinsam untersucht wird, ob die eingeleiteten Maßnahmen halfen.
  • Vermeiden Sie, andere zu Detektiven zu machen. Die Kolleginnen der betroffenen Person sollten nicht "benutzt" werden. Dies würde den Druck erhöhen und die Teamatmosphäre weiter belasten.
  • Je nach dem wie offen oder uneinsichtig die betroffene Person ist, sind Sie gefordert hier klare Vorgaben zu machen. Arbeitsrechtliche Schritte sind dann ein zu leiten, wenn es zu deutlichen Fehlern am Arbeitsplatz kommt. So wie Sie es bei allen anderen Mitarbeitern auch machen würden!
  • Behandeln Sie die betroffenen Person so NORMAL wie üblich. Sie sind nicht deren Therapeut sondern Ihr Vorgesetzter.
  • .....

Es ist aufgrund der schwierigen Fassbarkeit des Themas und der stark ins persönliche Leben eingreifenden Problematik, eine große Herausforderung für Sie "richtig" zu handeln. Es gibt keine eindeutigen Vorgaben. 

Wichtig ist: Trauen Sie sich das Thema aufzugreifen und an zu gehen. FALSCH ist die Verdrängung. Damit schaden Sie der Person und Ihrem Unternehmen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und stehe Ihnen gerne bei Fragen zur Seite! 

Hier finden Sie weiterführende Informationen:
www.beratungimkontext.de/gesundheitsmanagement/einfuehrung/
 

Ihre
Dagmar Wiegel

Newsletter vom September 2009

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