Innovationskultur: Vom Leidensdruck zur Leidenschaft
Wie Top-Unternehmen ihre Organisation mobilisieren
Autoren: Jürgen Jaworski / Frank Zurlino
Verlag: Campus, 1 Auflage 2007
Wenn Innovation so einfach ist, wie sich dieses Buch liest, dann fragt man sich warum es für Unternehmen so schwer ist das Konzept wirklich zu leben. Vielleicht hängt es doch auch noch von weiteren Faktoren zusammen. Ein eingängiges Werk, in dem nichts Falsches steht. Mit praktischen Anregungen zur Verbesserung Ihrer Innovationskultur.
Wenn eines der größten Beratungsunternehmen in Deutschland, wie Droege & Comp. und ein sehr erfolgreiches internationales Unternehmen wie 3M, sich entschließen ein gemeinsames Buch zu schreiben, dann findet man darin logischerweise ausschließlich Erfolgsstories. In diesem Fall zum Thema „Innovationsmanagement“. Diese Stories stammen natürlich aus ebenso erfolgreichen großen Firmen (Altana Siemens, Krombacher Brauerei, etc.) die hier ihre Vorzeigeprojekte der Innovation beispielhaft anbieten.
Das Ergebnis ist ein flüssig zu lesendes Werk mit einigen praktischen Beispielen, die zwar etwas plakativ dargestellt werden, doch auch auf wertvolle Prinzipien hinweisen was ein Unternehmen tun kann um die Kreativität der Mitarbeiter in bare Münze zu verwandeln.
Hier nun die Themen:
- Das Zeitalter der Innovationskultur bricht gerade an
- Leuchtfeuer für Innovationen entfachen – Die Kraft von Visionen
- Horizonte erweitern – Wissen vernetzen
- Multiplikatoren schaffen – Innovation braucht Inspiration und Leadership
- Freiräume erzeugen – Barrieren beseitigen
- Kreativität stimulieren – Risikobereitschaft fördern
- Momentum erzeugen – Agenda für neue Innovationskultur
Diverse Anhänge
Der Wettbewerb um neue Kunden kurbelt den Innovationsdruck in Unternehmen mächtig an. Da gilt es mit der Globalisierung Schritt zu halten, Produktpiraterie und das unkontrollierbare kopieren von Konkurrenzprodukten beschleunigt den Innovationszyklus. Immer schneller müssen gute Ideen unters Volk um dann hoffentlich Ertrag abzuwerfen. Dies kann nur mit einer klaren Strategie gelingen. Diese muss von der Unternehmenskultur wie einem konkreten und passenden Leitbild, bis zur sinnvollen Gestaltung der Arbeitszeit reichen.
Das Leitbild sollte folgende Eigenschaften aufweisen:
- Führungskräfte-Commitment: Das Topmanagement muss es vorleben.
- Sichtbarkeit: Ist es dauerhaft präsent und sichtbar?
- Vitalität: Wie kraftvoll ist die Vision?
- Ernsthaftigkeit: Nimmt das Management konkret darauf Bezug?
- Wiederholung: Wiederholung ist die Muter des Wissens.
- Sanktionen: Wer sich den Prinzipien verweigert, muss das am eigenen Leib zu spüren bekommen (S. 43ff.)
Netzwerke zu knüpfen und zu kultivieren gilt als erfolgsversprechende Maßnahme, um Innovationen zu ermöglichen. Dies bezieht sich auch auf Kunden und Zulieferer. Wer seine eigenen Dienstleister befragt was sie benötigen, wo sie Verbesserungspotential sehen, entwickelt so schlüssige Produktionsabläufe. Wer die Kunden einbezieht, weiß was morgen in den Regalen der Läden zu liegen hat. Doch Vorsicht: Nicht alles was der Kunde sagt sollte man auch tun. Hier ist es wichtig auch auf die noch ungeweckten Bedürfnisse aufmerksam zu werden oder im Idealfall sogar neue Wünsche zu wecken.
Innerhalb des Unternehmens sind Netzwerke gerade zwischen den Abteilungen ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Wer seinen Außendienstmitarbeiter – der seine Nase bei den Kunden hat - mit den Entwicklern und Forschern – die frühzeitig Strömungen und Stimmungen auffangen und nach konkreten Lösungen suchen - regelmäßig an einen Tisch setzt, kann damit rechnen, dass Neues erdacht und entwickelt wird. Dafür gibt es Hinweise wie ein Innovationsteam zusammengesetzt sein sollte. Eben von jedem Typ ein Vertreter. (S. 100). Die Rollen werden hier u.a. Anthropologe, Blütenbestäuber, Experimentierer oder auch Beziehungspfleger genannt.
Die mystifizierte 15-Prozent-Regel hat, laut Autoren, richtig eingesetzt ihre Berechtigung in der Gesamtstrategie. Bei 3M wird sie mit folgenden Bedingungen verknüpft:
- Die 15-Prozent-Regel erzeugt mehr Kreativität, mehr Innovation.
- Die Anwendung erfolgt dezentral und flexibel
- Nahezu jede Idee ist erlaubt.
- Besonders attraktive Ideen werden gesondert gefördert.
- Es gibt immer einen klaren Exit.
Auch die Berücksichtigung flexibler Arbeitszeitgestaltung fördert die kreativen Ideen. Wenn ein Mitarbeiter sich wohl fühlt, die Work-Life-Balance stimmt, er seine Arbeitszeit mit bestimmen kann, hat mehr Freiraum auch über den Tellerrand hinaus zu denken.
Doch: „Es muss also ab einem bestimmten, frühen Punkt auf dem Weg von der Idee zum erfolgreichen Produkt ein geordneter Innovationsprozess einsetzen.“ (S. 135) Ohne klare Strategie die sich betriebswirtschaftlich rechnet, hilft die beste Idee wenig. D.h. sich auch konsequent von Luftschlössern zu trennen.
Dass Mitarbeiter mit besonderen Leistungen eher weniger monetäre Befriedigung suchen und daher mehr durch Anerkennung und öffentliche Unternehmensawards zu motivieren sind, mag man glauben oder nicht. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Arbeitszufriedenheit durch positive und auch öffentliche Bestätigung dauerhafter wirkt als ein paar Euro mehr. Hmm, dann bräuchten ja auch die oberen Managergehälter wohl kaum so hoch sein wie sie sind, denn öffentliche Anerkennung bekommen die oberen Führungskräfte sicherlich genug. (Anm. d. Rez.)
Mitarbeiter suchen Freiräume und Entwicklungsmöglichkeiten. Daher sollte Delegation und flache Hierarchien gerade den wachen Köpfen Anreize in diesen Themen gegeben werden. Eine positive Fehlerkultur gehört ebenso dazu.
Alles in allem ist das Buch auf seinen ca. 190 Seiten kein Ausreißer im Sinne von besonderer Innovation. Viele Themen sind bekannt. Ebenso bleibt offen, warum denn wirkliche Innovationen so selten sind, wenn es eigentlich so einfach zu sein scheint. Welche Gründe gibt es wohl innovative Ideen zu unterdrücken?
Doch damit beschäftigen sich die Autoren nicht. Ihnen geht es um die Erfolgsstory, die sie hier leicht lesbar beschreiben und sicherlich Führungskräften und Beratern einige Anregungen geben.