Der Coaching-Prozess
Der Weg zu Qualität: Leitfragen und Methoden
Autor: Klaus-Günter Strucke
Verlag: Publicis, 1. Ausgabe, 2006
Der Titel ist Programm und wird besonders in den ersten 2 Dritteln gutdurchgehalten. Sie finden hier grundlegende Fragen und Antworten zur notwendigen Kompetenz eines Coaches sowie zum Verlauf eines idealen Coachingprozesses. Ein ernsthafter Beitrag im Zuge einer Qualitätsentwicklung des Coachingberufes.
Der Autor begann seinen Lebensweg als „Uhrmachermeister“, bevor er sich der
Psychologie und dem beratenden Berufszweig zuwandte. Doch scheint er an die Psyche des Menschen genauso akribisch genau und sorgfältig beobachtend heranzutreten, wie er es wohl früher bei dem feinen und differenzierten Getriebe einer Uhr tat. Jedes noch so kleine Rädchen, jede Irritation wird ernst genommen und untersucht. Dies mag etwas mechanistisch klingen, soll jedoch viel mehr deutlich machen, dass wir es hier mit dem versuch, ein präzises (wenn auch nicht vollständiges) Werk über Coaching und die Untersuchung der notwendigen Kompetenzen eines Beraters zu tun haben.
Zum Inhalt:
In 2 Hauptbereichen, von denen der erste Teil klarer wirkt, gliedert der Autor sein Werk:
1. „Coaching“: was ist das eigentlich?
2. Der Coaching-Prozess in Leitfragen und Methoden
Es geht ihm zunächst um die Grundlagenkompetenz (Qualifikation, Selbsterfahrung, Bereitschaft eigene Barrieren zu erkennen, theoretische Kenntnisse der psychologischen Prozesse sowie Kenntnisse der Gruppendynamik u.v.m.) , die aus seiner Sicht ein seriöser Coach mitbringen sollte. Dann: Was ist Coaching eigentlich? („Coaching ist eine soziale Intervention zur Unterstützung zielorientierten Tuns.“ S. 83) Wozu dient es? Wie wird Coaching von Führung unterscheiden („Der Coach muss sich als Coach altruistisch verhalten, sonst wird er bald keinen Job mehr finden. Der Vorgesetzte hingegen muss Unternehmensinteressen vertreten, sonst wird er bald keinen Job mehr haben.“ S. 63)
Wann kann Coaching greifen? (Der Autor sagt: Bei sog. Wissens.- und Könnens.- und Psychologischen Barrieren. Diese gilt es zu identifizieren und mit geeigneten Tools zu begegnen. Eine geeignete Frage ist hier: Was hindert das Richtige zu tun?) Basiseigenschaften des Coachings im Unterschied zum Alltagshandeln werden folgendermaßen beschrieben: Hilfe zur Selbsthilfe (emanzipatorische Bemühung), Zielorientierung (Transparenz und Überprüfbarkeit), Unmittelbare Relevanz (Praxis begleitende Problemlösung), Ökonomie (Wahl des einfachsten Verfahrens).
Um Ziele im Coachingprozess zu finden empfiehlt er Techniken wie die Szenariotechnik, die ausführlich und praxisnah beschreiben wird. Der vom Autor selbst entwickelte „Coaching-Zyklus“ dient als Leitfaden der Argumentation: Abweichungen analysieren -> Individuelle Barrieren fokussieren -> Potenziale ermitteln -> Maßnahmen umsetzen -> Ziele definieren -> Rückblick
Im 2. Hauptteil gibt er einen Ausblick auf grundlegende statistische Kenntnisse (ob die für einen Coachingfall tatsächlich Relevanz haben, könnte diskutiert werden). Auch sein Ausflug ins Projektmanagement im Kapitel 13 hat wohl nur sehr bedingt mit dem klassischen Coachingprozess zu tun. Die sonst so präzise Ein- und Abgrenzung der Begriffe verschwimmt hier etwas.
Vielleicht ist dies eine der Schwächen des Buches, dass in dem letzten Drittel, manches angerissen wird, gestreift, eingeführt und erwähnt, jedoch im Gesamtzusammenhang unter dem Aspekt des Buchtitels besehen, etwas deplaziert wirkt.
In die Gesamtbewertung fließt des weiteren etwas nachteilig ein, dass der Ton des Autors manchmal etwas selbstgerecht klingt. Seine Behauptungen, was aus seiner Sicht das richtige Coaching ist, mögen zur Diskussion anregen und werden vom Publikum hoffentlich mehr als Aufforderung, denn als Urteil interpretiert werden. Manchmal wäre etwas Bescheidenheit hier angenehmer gewesen. Doch ist es vielleicht gerade die Schärfe seiner Behauptungen, die eine weitere Sortierung von „Sein“ und „Schein“ in der Coachingwelt fördern kann.
Daher empfehlenswert, für Berater und Trainer.